Die Rundreise durch Texas und Louisiana vom 30.03. bis 14.04.1995

Vorwort

Im August 1987 bahnte sich der Beginn einer langjährigen Partnerschaft zwischen der „Frohsinn-Kapelle“ aus Dallas und dem Musikverein an. Beteiligte Initiatorin war die 1959 nach Texas/USA ausgewanderte Pia Benz. Sie spielte in der Kapelle die Mandoline. Der deutsche Name der Kapelle ist darauf zurückzuführen, dass die Hauptaufgabe in der Pflege deutscher Musik besteht. Die Kapelle entwuchs einer Abteilung der Dallas-Frohsinn-Singgemeinschaft. Im Jahre 1950 wurde sie als „Schrammel-Kapelle“ gegründet. Die Ursprungsformation war mit zwei Violinen, einer Zither, einer Gitarre, einem Akkordeon und einer Concertina (kleine sechseckige Akkordeonart) besetzt. Bis zum Jahre 1970 erweiterte sich das Instrumentarium um zahlreiche Blasinstrumente. Aufgrund des großen Zuspruchs bekam die Kapelle einen offizielleren Charakter und nannte sich schließlich „Frohsinn-Kapelle“.

Bereits 1987 nach dem ersten Besuch der Texaner brach das „Amerika-Fieber“ unter den Musikern des Musikvereins Ottersheim aus. Man war auf Land und Leute neugierig geworden und überlegte, die geknüpften Bande weiter zu entwickeln. Warum nicht einen Gegenbesuch machen? Die „Frohsinnler“ besuchten uns nochmals im Jahre 1992 und dann Stand der Entschluss fest, unseren nächsten „Vereinsausflug“ in Richtung USA zu unternehmen!

 

Auszüge aus dem Tätigkeitsbericht des Schriftführers.

Aus dem folgenden Text sind die Stationen unserer Reise sowie die gemeinschaftlichen Erlebnisse zu entnehmen. Auf die detaillierten Ausführungen zu den selbstverständlich zahlreich absolvierten Stadtrundfahrten und Besichtigungen wird an dieser Stelle verzichtet.

 

Nach dem letzten Besuch der Dallas-Frohsinn-Kapelle stand unser Entschluss fest: Wir fliegen nach Texas!

Doch nach dem altbewährten Motto Gesagt Getan ließ sich dieses Projekt selbstverständlich nicht so leicht umsetzen. Ein „Amerika-Besuch-Team“ musste eine umfassende Organisation für sage und schreibe 88 Personen auf die Beine stellen. Das unter der Leitung von Hans Kreiner stehende Team startete seine Aktivitäten bereits Anfang 1994! Zu diesem Team zählten u. a. Alexander Benz, Axel Greichgauer und Heidi Hilsendegen. Da die Tournee vollkommen reibungslos verlief, sei dies an dieser Stelle nochmals erwähnt.

Und so begann der von vielen Musikern seit Jahren geträumte Traum. (…) Wir, das waren 40 Musiker (!) und 48 Angehörige, trafen uns am Morgen des 30. März gegen 5.30 Uhr, um pünktlich um 6.00 Uhr das Dorf in Richtung Frankfurt Rhein-Main-Flughafen zu verlassen. (…) In der Ankunftshalle begrüßte uns eine Abordnung unserer

Gastfamilien aus Dallas; unter ihnen natürlich auch Pia (Benz) und Chuck Woodall. Doch einer freute sich ganz besonders: „unser“ James. Besser gesagt Markus Hilsendegens James. Er hatte eigens für Markus und Gabi ein Spruchband mit der Aufschrift „Welcome Markus und Gabi“ angefertigt. (…)

Bei Pia und Chuck war eine Party für über 200 Gäste arrangiert. Auf dem Tennisplatz hinter dem Haus befanden sich das Barbecue (es sollte sicher nicht unser Letztes sein), ältere Damen, welche einen landestypischen Tanz – den Cotton-Eye-Joe – übten, und ein an uns gerichteter Willkommensgruß auf einem Transparent. Dieser lautete wie folgt: „Willkommen, Ottersheimer Musikkapelle“. Aufgeweckte Augen entdeckten sogar ein recht originalgetreues Transparent der Bellheimer Brauerei, was nicht nur Klaus Gaab sehr freute. Jeder legte wohl eine kurze Gedenkminute für das gute pfälzische Bier ein, um sich dann aber im nächsten Augenblick über die nicht unerheblichen Budweiser-Vorräte herzumachen. In diesem schier unüberschaubaren Getümmel sinnierte Hugo Kreiner: „For you, for me, Budweiser!“. Ein Motto, das die gesamte Tournee über mit regelrechtem Bierernst befolgt wurde. Der komplette Platz war bevölkert, so dass es keinen einzigen Sitzplatz mehr gab, Essen und Trinken waren angerichtet, doch irgendetwas fehlte – ach ja, die Musik! So ging die Dallas-Frohsinn-Kapelle gleich mit einigen populären deutschen Stücken zu Werke. Doch der top-act des heutigen Tages waren wir. Walter Burkard dirigierte mit solch einer Dynamik, dass es die Texaner schon nach den ersten Takten von den Stühlen riss. Alles klatschte und sang. Später führten dann die o. g. älteren Damen den Cotton-Eye-Joe vor. Der Funke sprang auch auf die „Ottersheimer Tanzbären“ über: Klaus Gaab machte den Anfang und mischte sich unter das ca. 20-köpfige Ensemble. Selbstverständlich mussten auch die Jüngeren von uns dran glauben. Die Stimmung auf dem Platz war großartig. Zur „Halbzeit“ mussten natürlich auch ein paar Gruß- und Dankesworte gesprochen werden. Diese übernahmen Hans Kreiner für die Kapelle und Pia für die Texaner. Außerdem überreichte Pia Hans für jeden Mitgereisten eine Ehrenbürgerurkunde vom Bürgermeister der Stadt Dallas. (…)

Der heutige Tag sollte mit etwas weniger Stress beginnen: Endlich mal ausschlafen und in den Gastfamilien in Ruhe frühstücken! Danach trafen wir uns gegen 12.00 Uhr in der „Knights-of-Columbus-Hall“ im Stadtteil Arlington. Um zu diesem Stadtteil zu gelangen, mussten manche von uns zwei Stunden Fahrt in Kauf nehmen – man erahnt die Weite des Flächenstaates Texas. In diesem Zusammenhang prägten die Kreiner-Buwe (Mario und Matthias) ein weiteres Motto der Reise: „Die hän än Haufe Blatz in Texas!“. In der Halle angelangt, stand es bereit: unser nächstes Barbecue! Und so haben wir uns erst einmal gestärkt. Anschließend spielten wir auf. Das Publikum war so begeistert, dass wir „standing ovations“ erhielten. Als Einlage boten wir natürlich unseren Schuhplattler „Ottersheimer Style“ – einige amerikanische Urbayern hatten unseren Schuhplattler als nicht originalgetreu befunden. Doch endlich war es soweit: Unser Gastgeschenk, die von Kreiners und Jochims konzipierte und gebaute Schubkarre, wurde an die Gastgeber nach einer von Hans Kreiner gehaltenen Ansprache feierlich überreicht. (…) Ebenfalls übergab Hans Kreiner noch das Pfalzbuch und ein Bild der Ottersheimer

Musikkapelle – ein weiteres Motto war kreiert, welches Hans ab sofort zu jedem offiziellen Anlass verlautbarte: „Die Pfalz, das ist unsere Heimat!“. (…)

An diesem Tag hieß es für die meisten von uns Abschied nehmen von ihren Gastfamilien und der Stadt Dallas. Zum letzten Mal trafen wir uns gegen 8.15 Uhr an der Lutheran Church, um in Richtung Süden nach Hurst aufzubrechen. (…) Das Best Western Hotel diente als reine Schlafstätte. Dort angekommen checkten wir kurz ein, um uns dann ins zwei Stunden entfernte Windhurst zu begeben, dem Ort unseres nächsten (denkwürdigen) Auftrittes, zu machen. Während wir so im Bus durch das für uns Europäer nahezu unvorstellbar weite Land fuhren, schwelgten wir noch in Gedanken an die schönen Tage in Dallas. Was würde uns nach der Metropole in einem fast nicht auf der Landkarte auszumachenden Dorf erwarten? Wussten die Bewohner überhaupt, dass wir eintreffen? (…) Nun führte uns der Pfarrer durch die Dorfkirche, in welcher wir auf Wunsch Pias ein Marienlied und „Großer Gott“ sangen. Am textsichersten und stimmgewaltigsten bewies sich Lieselotte Detzel. Der Pfarrer segnete uns und sprach ein Gebet, da es bereits nach den ersten Tönen wie in Strömen zu regnen begann. Hatten da eventuell ein paar zu schlecht oder zu laut gesungen oder gar den Text nicht gekonnt? Die Farmer freuten sich riesig über den Regen und forderten uns auf, den Ort alle vier Wochen zu besuchen. (…)

Ein neuer Tag, eine neue Stadtrundfahrt. Dieses Mal in Austin. (…)

Auf dem Weg nach San Antonio machten wir im größten Warenhaus von Texas Halt: dem San Marcos Outlet Store. Das war zuviel. Die beiden Reisebusse leerten sich wohl noch nie so schnell. (…) Jeder Mitgereiste kehrte überglücklich und voll bepackt mit Tüten zum Bus zurück. (…)

Am Abend gegen 19.00 Uhr fuhren wir zum „Beethoven-Heim“. Die Deutschstämmigen von San Antonio organisieren sich unter dem Namen Beethovens in eine Blaskapelle und verschiedene Chöre. (…) Viele von uns machten interessante Bekanntschaften. Die erstaunlichste aber war wohl die von Alfred Becker. Er traf Roland Dornes, einen ehemaligen Angestellten der US Air Force, der mit der Familie Becker verwandt ist! Die Ur-Ur-Großmütter waren Schwestern. Unter den Mitgliedern der Beethoven-Blaskapelle befanden sich recht eigenwillige Originale – man erinnere sich an die glatzköpfigen Schlagzeuger – und auch eine Reihe seltsamer Instrumente – z.B. Euphonien. (…)

Auch junge Dirigenten werden älter – so brachten wir unserem Walter ein Geburtstagsständchen, um dann gegen 8.00 Uhr in Richtung Schulenburg aufzubrechen. In dieser „town“ hielten wir unser nächstes Konzert ab. Der Stadtgründer war Christian Baumgarten (! – und nicht Baumgärtner). (…) die Dame des örtlichen Fremdenverkehrsamts übergab uns nach einer Ansprache ein mit einem Hanfseil geschmücktes Holzschild mit der Aufschrift „Welcome Y‘ all“. Dieses würde hervorragend in unser Übungslokal bei Benno Jochim passen. Die freundliche Dame brachte ihre anfängliche Verwunderung über den ohne Mädchen aufgeführten Schuhplattler zum Ausdruck, wobei ihr am Ende des Tanzes deutlich wurde, weshalb nur junge Männer diesen Plattler aufführten. (…)

 

Nun fuhren wir ohne Rast nach Houston, (…) um zum Konzert in der „Houston Liederkranz Hall“ aufzuspielen.

An diesem Tag stand ein Ganztagesausflug nach Galveston, einer Insel im Golf von Mexiko, an. (…) Am Nachmittag teilten wir uns in zwei Gruppen auf. Die eine besichtigte die Stadt Galveston, die andere gönnte sich bei 28 ° C einen Aufenthalt am Strand – ans Mittelmeer kommen wohl die meistens mehrmals im Leben. (…) Hier genossen viele die sehr starke Sonne (die Sonnenbrandrate war am Abend recht hoch! Auffälligste Opfer der „Sonnenbrandkatastrophe von Galveston“ waren übrigens Petra Benz, Heidi Hilsendegen und Judith Marthaler). Alt und Jung stürzte sich in das angeblich von Haien und Feuerquallen verseuchte Wasser des Südatlantiks. Eine kleine Sensation für die zahlreichen Texaner, war Rupprat Benz, der sich einfach nicht von seiner Lederhose trennen wollte. (…) Auf der Rückfahrt nach Houston stürmten wir überfallartig eine Texaco Tankstelle. (…) In dem Tankstellenshop tummelten sich 88 kaufwütige germans. An der Kasse befand sich jedoch nur ein einziges „Männchen“, welches viel Geduld aufbringen musste, um neben uns auch die anderen Kunden, bedienen zu können. (…) In der Nacht feierten wir dann den 18. Geburtstag von Matthias Kreiner – er war der fünfte Reiseteilnehmer neben Peter Benz, Sara Burkard, Walter Burkard und Judith Marthaler, der seinen Geburtstag in Texas beging.

(…) am 12. Tag unserer Tournee verließen wir Texas, den 28. Bundesstaat der USA, in Richtung New Orleans, welches im Staat Louisiana, dem 18. Staat der USA, liegt. (…) In der Bourbon-Street angekommen, wussten wir zunächst nicht, wo wir aus dem unsäglich großen Angebot an Musikkneipen, Restaurants usw. beginnen sollten. Es bildeten sich mehrere kleinere und größere Gruppen, die langsam aber sicher die Straße immer mehr in Beschlag nahmen. In jedem Lokal, an jeder Ecke traf man Ottersheimer, die begeistert vom soeben erlebten berichteten. Und in der Tat bot die Bourbon-Street nicht nur die erwartete Jazzmusik. Das Angebot reichte von Pop bis Rock, von Disco bis Pianobar und last but not least der traditionellen Cajunmusik. (…) Ein Muss für jeden Jazzfan ist der Besuch des „Fritzels“. Hierbei handelt es sich um eine weltbekannte und traditionelle Jazzkneipe, die vor über 25 Jahren von einem Stuttgarter gegründet wurde. Weiteres Highlight waren die Pianobars. Im Allgemeinen stehen auf einer Bühne in der typischen verrauchten Baratmosphäre zwei Flügel gegenüber. Die Pianisten erfüllen abwechselnd alle nur erdenklichen Musikwünsche der Gäste. Die Gäste schreiben ihren Wunsch auf einen Bierdeckel und reichen diesen mit einer $-Note auf die Bühne. Das spannende an dieser Sache ist, dass jeder Gast auf seinen persönlichen Musikwunsch wartet, denn man weiß nie, wann das Stück von welchem Pianist gespielt und vor allem wie das Stück letztlich interpretiert wird. So kann bspw. ein Rocksong als traditionelle Polka „enden“. Auch stacheln sich die beiden Akteure gegenseitig an: jeder möchte den besten Witz erzählen und die meisten Musikwünsche erfüllen. (…) Um 20.00 Uhr stand unser nächstes Konzert bevor. Dies gaben wir im „Deutschen Haus“. (…) Es wurde ein toller Abend. Vielleicht auch deshalb, weil es ausnahmsweise einmal kein Barbecue gab. Unsere Gastgeber reichten uns „Jambalaya“, ein scharfes Reisgericht mit Fleisch, Wurst und Mais. (…) An diesem Abend kamen wir auch zu unserem

ersten Fernsehauftritt in den Staaten. Der Sender „Channel 8“ übertrug um 22.30 Uhr ein Interview mit Hans und Walter aus der Palz. Im Hintergrund war immer mal wieder die ganze Kapelle zu erkennen. Doch hatte der Kameramann wohl an Paul Hilsendegen wegen seines Schnorres einen weiteren Hauptakteur für die Fernsehübertragung gefunden. In dieser Nacht wurde der letzte Geburtstag in den USA begangen: Hermann Renners 45-igster. (…)

Die „Delgado-Highschool“, eine Art höhere Musikschule, lud zum jährlichen Frühlingsfest ein. (…) Die Professoren interpretierten viele uns bekannte Stücke etwas anders aber doch deutlich professioneller als wir. Zum Höhepunkt sang Hans Kreiner, auf den sie zuvor lange und schwer einreden mussten, die Polka „Rosamunde“ mit Begleitung der „Delgado-Band“. Natürlich durfte die Dixie-Musik nicht fehlen. Hier dürften der teuflisch-gute Geiger und der äußerst schwergewichtige Posaunist unvergesslich bleiben. (…)

Der letzte Tag! Jeder bedauerte dies. Wir hatten in den letzten vergangenen zwei Wochen viel Neues gesehen und interessante Menschen kennen gelernt. Doch die Wehmut wurde durch die Aussicht Ottersheim wieder zu sehen, etwas gedämpft. (…) Um 16.45 Uhr hieß es dann good-bye Amerika. Der Nachtflug zurück nach Frankfurt verlief ohne besondere Vorkommnisse.

Wir kamen gegen 7.30 Uhr auf dem Rhein-Main-Flughafen an – und wurden überschwänglich vom SCO begrüßt. Der SCO organisierte einen Bier- und Sektempfang. Endlich, wieder gutes Bier! Zur „Belohnung“ und aufgrund der Wiedersehensfreude gaben wir ein Ständchen in der Ankunftshalle. Die anderen Fluggäste staunten nicht schlecht. Danach ging es mit dem Bus nach Hause. Viele dachten nur noch an eines: Schlafen!